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Forschungen im südostnorischen Vicus am Saazkogel (Steiermark)
Der römische Vicus am Saazkogel stellt mit einer Ausdehnung von knapp 9 ha eine der größten bislang bekannten kaiserzeitlichen Siedlungen in der Oststeiermark dar, mit Sicherheit kann er aber neben den Vici von Gleisdorf und Kalsdorf als einer der am besten erforschten Vici in Südostnoricum bezeichnet werden. Basierend auf den Ergebnissen der Ausgrabungen von 2002 bis 2005 und einer annähernd flächendeckenden geophysikalischen Untersuchung lässt sich ein detailliertes Gesamtbild der Siedlung entwerfen. Zweifelsohne ist die Anlage der Siedlung von Saaz durch die verkehrsgeographisch günstige Position an der Einmündung des Saaztals in das Raabtal bedingt. Hier trifft die Straße im Raabtal, welche Savaria-Szombathely über den größeren Vicus von Gleisdorf mit Binnennoricum verband, auf die von Südwesten, aus Flavia Solva, herführende Straße. Betrachtet man die Struktur des Vicus von Saaz selbst, so fällt seine ausgeprägte Mehrteiligkeit unter Einbeziehung des gesamten Hügels auf. Die Siedlung lässt sich am Südhang des Saazkogels auf einer Länge von mindestens 600 m verfolgen, wobei sie von einer geschotterten, hangparallelen Straße durchzogen wird. Nördlich und südlich dieser Straße gruppieren sich unterschiedlich große, im Grundriss zumeist sehr ähnliche Gebäudekomplexe auf künstlichen Terassen. Annähernd in der Mitte der Siedlung lässt die geophysikalische Prospektion eine größere platzartige Freifläche erkennen. Im Westteil wird die Straße von Grabbauten flankiert, unter ausgedehnten ummauerten Grabbezirken befanden sich Reste älterer Grabbauten, die vermutlich als Einbauten in Hügelgräbern anzusprechen sind. Diesem Ensemble aus eigentlicher Siedlung und Gräberstraße mit Hügelgräbern und jüngeren monumentalen Grabbauten in italisch-römischer Manier ist das große Hügelgräberfeld am Nordhang des Saazkogels gegenüberzustellen.Der älteste Siedlungshorizont flavisch-trajanischer Zeit ist durch Holzbauten charakterisiert. Ein Ausbau in Stein und die damit verbundene Neustrukturierung der Siedlung mit einem einheitlich in Hangfallrichtung orientierten System von Grundstückseinheiten ist in hadrinischer Zeit anzunehmen. Dieser Ausbau lässt sich gut mit weiteren Befunden in südostnorischen Ansiedlungen (Kalsdorf, Gleisdorf) vergleichen. Das typische Wohn- und Werkgebäude dieser Periode ist das Ein- bzw. Mehrraumhaus in einem umfriedeten Areal. Die Niederlegung dieser Strukturen und ein Neubeginn der Aktivitäten gegen Ende des 2. Jhs. n.Chr. ist in Saaz anhand der Befunde in unterschiedlichen Siedlungsabschnitten aufzuzeigen. Dieser Hiat der Siedlungsentwicklung ist in der für Saaz dokumentierbaren Deutlichkeit in den benachbarten Vici bislang nicht zu erfassen und mit der nötigen Stringenz ausschließlich im städtischen Zentrum der Region, Flavia Solva, durch Brandhorizonte der Markomannenkriege zu belegen. In Saaz fehlen die signifikanten Befunde einer gewaltsamen Zerstörung, die Gründe für eine kurzfristige Siedlungsaufgabe könnten gleichwohl mit der Unbill kriegerischer Ereignisse im Land in Verbindung zu bringen sein. Mit dem Neueinsetzen der Siedlungstätigkeit gegen Ende des 2. Jhs. n. Chr. ist zugleich auch ein letztmaliges Prosperieren zu erfassen. Eine Verlagerung des Siedlungsschwerpunkts dürfte in weiterer Folge zu einem Abbruch der Nutzung in den mittleren Jahrzehnten des 3. Jhs. n. Chr. geführt haben.
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