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Au-pair: von der Kulturträgerin zum Dienstmädchen
Maria Orthofer
2009
Meine zentrale Forschungsfrage ist, welche Familien aus welchen Gründen und mit welchen Erwartungen Au-Pairs für die Betreuung ihrer Kinder herangezogen haben statt außerhäusliche Betreuungsformen zu suchen. Waren es nur fehlende Alternativen oder gab es andere Gründe, warum diese Familien Au-Pairs aufgenommen haben? Warum haben diese Familien seit den 1970er Jahren eine Strategie zur Erfüllung ihrer an sich selbst gestellten Erwartungen und zur Bewältigung der vielfältigen Anforderungen an moderne städtische Familien aufgegriffen, die auf eine gänzlich private Lösung der Vereinbarkeitsproblematik setzt? Warum wurde dieses Modell innerhalb eines Vierteljahrhunderts in ganz Europa so populär und politisch letzten Endes auch unterstützt?In der Literatur wird von einem "klassichen Au-Pair" und einer "neuen Au-Pair-Generation" gesprochen, zwischen denen ein großer qualitativer und quantitativer Unterschied besteht. Die restliche Zäsur liegt mit dem neuen "Au-Pair-Gesetz im Jahr 2001, die faktische, jedoch gleitende Zäsurum 1995, dem EU-Beitritt von Österreich, Finnland und Schweden und dem großen Interesse von jungen Frauen aus den ehemaligen Ostblockstaaten an einer Au-Pair Stelle im Westen.Die Arbeit konzentriert sich auf Grund der vorliegenden Quellen auf die "traditionellen Au-Pairs" im Zeitraum von 1980 - 2000 und das Untersuchungsgebiet auf Wien und Wien-Umgebung. Das Au-Pair Programm wird an den rechtlichen Rahmenbedingungen im Untersuchungszeitraum und den Aktivitäten des Auslandssozialdienstes des Katholischen Jugendwerkes (ASD) als Pionier in der (nicht-profitorientierten) Vermittlung von Au-Pairs in Österreich beschrieben.Das Au-Pair Programm wird in einen historischen Rahmen als Entwicklungsstufe einerseits bezahlter häuslicher Dienstleistungen und andererseits als Möglichkeit zur informellen Ausbildung gestellt. Dazu wird die Situation von Dienstmädchen in Wien um 1900 in jenen Punkten beleuchtet, an denen sich Paralellen und Unterschiede der beiden Dienstverhältnisse zeigen lassen. Die Darstellung der über die letzten beiden Jahrhunderte in Europa praktizierten Austauschbeziehungen zum Spracherwerb zeigt das Au-Pair-Programm in einem bildungsgeschichtlichen historischen Kontinuum.Nach einer institutionellen Verankerung des Untersuchungsgegenstandes gehe ich der Frage nach, wie viele Au-Pairs im Untersuchungszeitraum nach Österreich gekommen sind, und wie sich die Nachfrage nach Au-Pairs entwickelt hat. Auch die Frage, woher die Au-Pairs gekommen sind und was ihre Motive waren, soll auf Grund der Aufzeichnungen in den ASD-Jahresberichten, meiner für den quantitativen Teil der Arbeit wichtigsten Quelle, beantwortet werden.Die "Gastfamilien" werden zuerst nach ihren soziogemographischen Merkmalen beschrieben, um dann zu der zentralen Frage dieser Arbeit zu kommen, was ihre Motive waren, ein Au-Pair zur Unterstützung bei den familiären Aufgaben heranzuziehen und was sie daher von den Au-Pairs erwarteten, welche Funktionen ihnen zugedacht waren. Auch das Leben mit und als Au-Pair in Österreich sowie die den Au-Pairs zugedachte Stellung im Familienverband und häufig wiederkehrende Probleme sind beschrieben.
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