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Der "Rahmen der Rechtsgewohnheiten" ist eine Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Entwicklung des Rechtsbegriffs der Rechtsgeschichte des Mittelalters. Konkret wird dabei versucht, rechtstheoretische Einsichten für diesen Begriff fruchtbar zu machen und zu einem, von rechtshistorischer Seite geforderten Brückenschlag zwischen den Diziplinen beizutragen.Der I. Abschnitt (aus rechtstheoretischer Perspektive für den Rechtshistoriker verfaßt) soll insoferne zeigen, mit welchen Konsequenzen zu rechnen ist, wenn Recht als Normensystem konzipiert wird. Gegenstad ist also der Rechtsbgriff des Positivismus, wie er typisch von Hans Kelsen oder H.L.A. Hart konzipiert wurde. Der Abschnitt vereint eine historische Herleitung mit einer systematischen Kritik der normenlogischen wie sprechakttheoretischen Grundlagen.Im II. Abschnitt (umgekehrt aus rechtgeschichtlicher Perspektive für den Rechtstheoretiker formuliert) wird gezeigt, was passiert, wenn ein derartig konzipierter positivistischer Rechtsbegriff auf (früh)mittelalterliche Verhältnisse angewandt wird. Damit soll einerseits die Unzulänglichkeit des Normsystembegriffs für das Mittelalter plausibel gemacht und andererseits eine Strukturaufklärung des mittelalterlichen Rechts vorangetrieben werden, mit dem Ergebnis, daß auch aus rechttheoretischer Sicht an die Stelle eines einheitlichen, alle Phänomene umgreifenden Rechtsbegriffs eine begriffliche Vielfalt an Rechtsbegriffen treten muß, wie sie z.B. in der Lehre Ebels mit ihrer Differenzierung in "recht", "Gebot" und "Willkür" vorgeschlagen wurde.Der III. Abschnitt ist der eingehenden Analyse der Rechtsbegriffe von drei der bedeutendsten deutschsprachigen Rechtshistoriker gewidmet (Kroeschell, Dilcher, Weitzel); Leitfaden ist der Begriff der "Rechtsgewohnheiten". Der Begriff wird einerseits als wichtiger Ansatz zur Überwindung des Normystem-Paradigmas gewürdigt, zugleich aber dahingehend kritisiert, daß seine Formulierung und theoretische Konkretisierung immer noch in wesentlichen Momenten dem unangemessenen Normsystemdenken verhaftet bleibt.Im IV. und letzten Abschnitt wird anknüpfend an die rechtsphilosophische Fundamentalkritik am Rechtspositivismus von Ronald Dworkin (prozedurale Rechtstheorie) und von Carl Schmitt (Konkretes Ordnungsdenken) der Versuch unternommen, einen alternativen den oralen bzw. semioralen Verhältnissen des Mittelalters angemesseneren Rechtsbegriff zu entwicklen oder zumindest eine Rahmentheorie zu bieten, innerhalb welcher ein solcher entwickelt werden könnte. Die Relation von Regel, Entscheidung und Ordnung im Rahmen einer solchen Theorie wird untersucht und die Epochenschwelle des späten 11. bzw. 12. Jahrhunderts vor diesem Hintergrund betrachtet. Abschließend wird das Verhältnis von "Recht als konkreter Ordnung" mit dem von Stefan Weinfurter in die Geschichtswissenschaft eingeführten Begriff der "Ordnungskonfigurationen" untersucht und dabei (an Hand einer Auslegung von Adalbero von Laon und der Briefe Papst Gregors VII.) insbesondere Weinfurters Position des "Funktionalismus" einer Kritik unterzogen.
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