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Eugenische Vernunft
Dr. Maria Wolf and Maria Wolf
2008
In der Studie werden Ursachen und Folgen von eugenischen Eingriffen in die reproduktive Kultur unserer Gesellschaft durch die Medizin des zwanzigsten Jahrhunderts untersucht. Wissenschaftliche Eingriffe, welche an der Wende zum 21. Jahrhundert biotechnische Selektionen am Lebensbeginn gesellschaftsfähig und zur Aufgabe von Familienbildung gemacht haben.Erkenntnisleitendes Interesse der Studie ist es, normative Idealbilder von Familie, Mutterschaft, Vaterschaft und Kindheit, welche die eugenischen Eingriffe in die gesellschaftliche Organisation der "Reproduktion der Gattung" durch die Medizin hervorgebracht haben, einer geschlechtersensiblen Analyse zu unterziehen und transparent zu machen, wie diese Idealbilder einerseits in die Entwicklung von Biotechniken der Zeugung und Selektion eingearbeitet wurden und wie diese Techniken andererseits wiederum die Familienbildung selbst beeinflussen. Diese Frage wird vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungen analysiert, die den Aufstieg einer eugenischen Vernunft im 20. Jahrhundert begleiteten und möglich machten. Materiale Grundlage der Analyse sind medizinische Fachartikel der "Wiener Klinischen Wochenschrift" der Jahrgänge 1900 - 2000, die im Rahmen eines von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) durch ein APART-Stipendium finanziertes Forschungsprojekt erhoben und diskursanalytisch untersucht wurden. Die Untersuchung vermag zu zeigen, welche innerfamiliären Geschlechter- und Generationskonzepte den eugenischen Idealbildern inhärent sind, welche gesellschaftlichen Transformationsprozesse in diese Idealbilder eingearbeitet wurden, wie und wozu Elternschaft und Kindheit naturwissenschaftlich rationalisiert und modernisiert wurden, mit welchen Anforderungen an eine gelingende Erziehung und Bildung Eltern dadurch in den letzten Jahrzehnten zunehmend konfrontiert werden, welche Pflichten im Namen des Kindeswohls daraus für Mütter hervorgehen, weshalb und wozu biotechnische Selektion am Lebensbeginn heute eine allgemeine Einflussgröße von Mutterschaft und Kindheit darstellt und dass die reproduktive Kultur unserer Gesellschaft heute von einer eugenischen Vernunft durchzogen ist.Mit der Forschungsarbeit wird eine weitere Dimension des eugenischen Mainstreams erschlossen, in dem der Focus konsequent auf die wissenschaftliche Neuordnung des gesamten Reproduktionszusammenhanges gesetzt und die Verwissenschaftlichung der reproduktiven Kultur im Kontext der Sozialgeschichte und sozialpolitischen Geschichte Österreichs im zwanzigsten Jahrhundert aufgearbeitet wird. Mit dem wissenschaftssoziologischen und -historischen Zugang zum Forschungsgegenstand wird zudem am Beispiel von (Bio-)Medizin und bio(medizinischen) Techniken der Zeugung und Selektion eine profunde exemplarische Wissenschaftskritik ausgearbeitet, die Wissenschaft in ihren kulturellen und politischen Verstrickungen als eine Bastion hegemonialer Männlichkeit deutlich macht und den Zusammenhang von Wissenschaft und Verantwortlichkeit einmahnt.
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Keywords
- Eugenics
- gender
- Generation
- Medizin
- modernisation
- reproductive culture
- scientification
- Society & Social Sciences