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"Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste"
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813-1858) war und ist vor allem als Autor der bedeutendsten Programmschrift der ständischen Opposition des späten Vormärz, Österreich und dessen Zukunft bekannt. Kaum bekannt ist, dass er Zeit seines erwachsenen Lebens Tagebuch geführt hat. Nunmehr liegen seine gesamten erhaltenen Tagebücher in einer wissenschaftlichen Edition vor. Zwischen dem ersten Eintrag vom 20. Oktober 1839 bis zum letzten erhaltenen Eintrag liegen 19 Jahre, die Andrian vom jungen subalternen Beamten in Norditalien, Istrien und Wien zum Idol der vormärzlichen Opposition, vom geachteten Abgeordneten und Vizepräsidenten der Frankfurter Nationalversammlung und deutschen Reichsgesandten in London zum geächteten Zerstörer des vorrevolutionären Paradieses, vom Berater österreichischer Politiker der Jahre nach 1849 zum Verwaltungsrat kapitalistischer Eisenbahngesellschaften der 1850er Jahre machten. Dabei sah sich Andrian als verkanntes Genie, das es in der Hand gehabt hätte, die Gesellschaft aus der Unterdrückung und dem Stillstand des Vormärz und dem Chaos der Revolution in eine bessere Zukunft zu führen. Während all dieser Jahre vermischen sich in den Tagebüchern private und öffentliche Ereignisse, Reflexionen über familiäre und freundschaftliche Verhältnisse und persönliche Entwicklungen mit politischen Aussagen und Betrachtungen über die eigene Rolle im öffentlichen Leben. Die Schwerpunkte und die Dichte der Einträge verändern sich je nach Andrians Lebenslage. Als Konstante bleibt aber das unmittelbare Interesse an der Entwicklung Österreichs und seiner zukünftigen Gestaltung in direkter Verbindung mit der eigenen Situation. Diese Wechselwirkung von öffentlichem Interesse mit persönlichem Erleben machen die Tagebücher so zu einer der eindrucksvollsten privaten Quellen zur österreichischen Geschichte vom Vormärz über die Revolution von 1848/49 bis zur Spätphase des Neoabsolutismus.Schilderungen von finanziellen Problemen und Strategien zu ihrer Lösung, etwa durch eine reiche Heirat, wechseln mit Analysen der innen- und außenpolitischen Verhältnisse und Plänen zur Neugestaltung Österreichs. Phasen aktiven politischen Gestaltens wechseln mit Zeiten freiwilliger und erzwungener Zurückgezogenheit. Daher finden sich Einträge über Diskussionen mit führenden Politikern und höchsten Würdenträgern des Hofes bis hin zu Audienzen beim Kaiser ebenso wie Berichte von Reisen von Helgoland bis Rom und von der französischen Atlantikküste bis in den Süden Ägyptens. Zentral bleibt dabei immer das Wechselspiel zwischen privatem Erleben und öffentlicher Einflussnahme.Viktor von Andrian fühlte sich zum Führer, nicht zum Untergebenen berufen und meinte, auf jenen Zeitpunkt warten zu können, an dem man ihn rufen müsste. So blieb er mit Ausnahme des Jahres 1848, als er für kurze Zeit aktiv in das politische Geschehen eingriff, ein Beobachter, Ratgeber und Kritiker von außen, der auf den richtigen Zeitpunkt wartete, an dem ihm die Zügel der Macht zufallen sollten. Obwohl er sich in seinen letzten Lebensjahren bewusst war, dass es sich hierbei um eine Illusion handelte, war Andrian mit dem Verlauf seiner persönlichen Entwicklung zufrieden: "Schlechtes, Gemeines habe ich Gottlob mir nie vorzuwerfen gehabt."Die dreibändige Edition enthält neben dem kommentierten Text der Tagebücher eine Einleitung zu Leben und Werk Viktor von Andrians, eine Darstellung der Überlieferung der Tagebücher sowie erstmals ein exaktes Werkverzeichnis Andrians. Ergänzt und erweitert wird das Tagebuch durch zahlreiche Auszüge aus seinem erhaltenen Briefwechsel im Kommentar. Erschlossen ist die Edition durch ein kommentiertes Personenregister mit über 2.800 Einträgen.
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