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Dialogische Klassengesprächsführung im Geschichtsunterricht

Dialogische Klassengesprächsführung im Geschichtsunterricht

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Klassengespräche besetzten den grössten Anteil an Unterrichtszeit in Geschichte (Hodel & Waldis, 2007). Forschungsergebnisse belegen einerseits die Lernwirksamkeit dialogischer Klassengespräche, zeigen aber andererseits deren Kleinschrittigkeit und Lehrpersonendominanz in der Unterrichtspraxis (Resnick et al., 2018; Spiess, 2015). Ein Grund dafür stellt die grosse Herausforderung für Lehrpersonen dar, ihre Gesprächsleitungskompetenzen in Richtung dialogischer Gesprächsleitung zu verändern (Pauli & Reusser, 2018). Zur Unterstützung der Lehrpersonen wurden in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche praxisorientierte Konzepte entwickelt, die sich an Prinzipien des dialogic teaching (Alexander, 2008) oder Accountable Talk (Michaels, O'Connor, Hall & Resnick, 2010) orientieren. Letzteres bietet den Lehrpersonen konkrete Werkzeuge in Form von Talk Moves für eine produktivere Gesprächsleitung. Dadurch sollen die Lernenden als Lerngemeinschaft aufeinander ausgerichtet, Wissensbildungsprozesse unter Einbezug von fachspezifischen Kriterien angeleitet sowie nachvollziehbare Argumentationen für eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem Inhalt eingefordert werden.Für das Fach Geschichte kann das Lernpotenzial von dialogischen Klassengesprächen genutzt werden als Eröffnung eines Problemraums, zur Modellierung von Strategien im Umgang mit Lerngegenständen, für das Begriffslernen und als Aushandlungsraum von Erzählsträngen (Eichner, Kaestner & von Reeken, 2019; Handro, 2016; van Boxtel & van Drie, 2017). Zusätzlich zur dialogischen Gesprächsleitung stellt die Wahl der Lerngegenstände und Formulierung von Aufgabenstellungen eine weitere Anforderung an die professionelle Kompetenz von Lehrpersonen (Fogo, 2014; Havekes et al., 2017).Diese Kompetenzen weiter zu entwickeln war das Ziel einer einjährigen Lehrpersonenfortbildung, die entlang der Kriterien nachhaltiger Fortbildungen konzipiert wurde (Lipowsky & Rzejak, 2019). Die Fortbildung bestand aus zwei Präsenzphasen (dialogische Gesprächsleitungsstrategien; geeignete Aufgabenstellungen) und sieben videobasierten Coachingzyklen (Umsetzung in der eigenen Unterrichtspraxis) (Allen et al., 2011). Das Studiendesign der Intervention besteht aus einer Eingangsdatenerhebung vor der Intervention, sowie aus einer ersten Ausgangsdatenerhebung direkt nach der Fortbildung. Zusätzlich wurde eine verzögerte zweite Ausgangsdatererhebung durchgeführt.Folgende Fragestellungen werden untersucht:1)Wie entwickelt sich die dialogische Gesprächsleitungsverhalten von Lehrpersonen durch eine Fortbildung?2)Wie verändert sich das Gesprächsverhalten der SchülerInnen während der Fortbildung der Lehrperson?3)Welcher Zusammenhang besteht zwischen einer dialogischeren Gesprächsleitung und dem fachlichen Gehalt der Klassengespräche?4)Welche Veränderungen zeigt die Intervention bezüglich fachdidaktischer Qualitätsmerkmale der Unterrichtsgestaltung?Die Entwicklung von N=3 Geschichtslehrpersonen wird mit Hilfe folgender Daten analysiert: Prozessdaten, die während den Coachingzyklen (sieben videographierte Klassengespräche und Unterrichtsmaterialien) erfasst wurden und der Datenerhebung aus Eingangs- und Ausgangsdatenerhebung (zwei videographierte Klassengespräche mit standardisiertem Inhalt, Kurzbefragungen der Lernenden) sowie der verzögerten zweiten Ausgangsdatenerhebung (ein videographiertes Klassengespräch und Unterrichtsmaterialien). Anhand der Analysen lässt sich festhalten, dass es allen Interventionslehrpersonen gelingt, ihre Gesprächsführung hinsichtlich dialogischer Gesprächskompetenz weiterzuentwickeln. Damit einher geht eine veränderte Qualität der Wortmeldungen der Lernenden. Es besteht ein Zusammenhang aus dialogischer Gesprächsleitunger der Lehrpersonen mit dem Anteil begründeter Lernendenäusserungen in Klassengesprächen. Desweitern zeigen die fokussiert beschriebenen Lektionen mit dialogischen Klassengesprächen bestimmte Gemeinsamkeiten der Lektionsgestaltung. Insbesondere die Verschränkung aus individuellen und kooperativen Arbeitsformen gepaart mit Aufgabenstellung zur Analyse multipler Dokumente lässt sich in allen Geschichtslektionen feststellen. Ausserdem fördern Leitfragen, die sich an Deutungsmustern des Fachs (z.B. Kausalzusammenhängen, Beurteilung von Perspektivität oder Beschreibung von Wandel und Kontinuität) orientieren, die strukturelle Klarheit sowie die inhaltliche Kohärenz der Lektionen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Intervention zur Förderung dialogischer Gesprächsführung sowohl die Qualität der Klassengespräche als auch diejenige des Geschichtsunterrichts der Sekundarstufe 1 verbessert hat.Anhand dieser Ergebnisse wurden in der Dissertation einerseits Folgerungen für zukünftige Professionalisierungsmassnahmen für Lehrpersonen abgeleitet und andererseits praxisorientierte Gestaltungsmerkmale eines dialogischen Geschichtsunterrichts herausgearbeitet.

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Keywords

  • Dialogische Unterrichtsgespräche
  • Fallanalyse
  • Geschichtsunterricht
  • Interventionsstudie
  • Professionalisierung von Lehrpersonen
  • thema EDItEUR::J Society and Social Sciences::JN Education
  • thema EDItEUR::J Society and Social Sciences::JN Education::JNT Teaching skills and techniques
  • thema EDItEUR::N History and Archaeology::NH History::NHA History: theory and methods
  • thema EDItEUR::Y Children’s, Teenage and Educational::YP Educational material::YPJ Educational: Humanities and social sciences, general
  • thema EDItEUR::Y Children’s, Teenage and Educational::YP Educational material::YPJ Educational: Humanities and social sciences, general::YPJH Educational: History

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DOI: 10.46499/1920

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